Bisher hatte ich nur die Platform Preview des IE9 auf der Test Drive Seite von MS gefunden. Diese ist jedoch ohne Adressfeld konzipiert, so dass man nur auf der vorgegebenen MS-eigenen Seite surfen kann. Man kann die URL schon ändern, aber das ist so kompliziert, dass ich den IE9 so lieber nicht getestet habe.

Jetzt bin ich auf die IE9 Beta gestoßen. Warum die mir beim letzten Besuch der Test Drive Seite nicht aufgefallen ist? Schlechtes Marketing, nehme ich an.

Finden: Also gebe ich bei Google “Internet Explorer 9 Beta download” ein und komme auf die MS-Seite mit (scheinbar) allen Sprachen und Versionen des IE9. Hier wird aber nur die Version für  Windows 7 in 32 und 64 Bit angeboten, für Vista steht nur die 32bit-Version zur Verfügung. Naja egal, denke ich. Fast alle anderen 32bit Programme laufen ja auch ohne Probleme auf meinem 64Bit-System. Weit gefehlt: “Diese Version wird von Ihrem Betriebssystem nicht unterstützt.” Toll. Also gehe ich auf die Suche bei Microsoft. Die korrekte Version ist dann schnell gefunden, aber warum nicht gleich auf die Seite mit allen anderen Versionen verlinken?

Dann liegt die “IE9-WindowsVista-x64-enu.exe” mit 35.3 MB Größe auf meinem Desktop.
Zum Vergleich: Firefox 4 beta8: 11 MB; Opera 11: 8.9 MB; Chrome gibt nur einen kleinen (0,5 MB) Installer zum Download und der lädt dann die aktuelle Version herunter.
Ich klicke drauf und freue mich gleich den Werbeslogan Microsofts prüfen zu können: “Windows Internet Explorer 9 lets your websites shine and perform just like native applications on your PC.”
Boah, meine Webseiten werden leuchten!
Installation: Typisch Microsoft.
Nachdem ich den Installer starte muss der erst noch etwas herunterladen. Hä? Ich habe doch gerade 35 MB runtergeladen. Von MS, damit ich auch sicher die neuste Version bekomme. Naja, ist ja eigentlich toll, dass der IE endlich gelernt zu haben scheint, dass Aktualität wichtig ist.
Installation beendet und ein Neustart wird verlangt. Was bitte? Ich habe doch nur einen Browser installiert. kein anderer Browser benötigt einen Neustart. Der IE9 verankert sich offensichtlich sehr tief im System.
Neustart: “Updates werden installiert”. Aha, der IE9 ist also ein Windows-Update.
Nach dem so verlängerten Neustart will ich loslegen aber, Moment: da ist ein neues Update da: für den Internet Explorer 9.
Jetzt aber mal langsam. Ich habe gerade 1) 35MB IE9 vom Hersteller selbst heruntergeladen. Diese Version war offensichtlich nicht akutuell und musste 2) per Download während der installation aktualisiert werden. Nach dem Neustart merkt Windows plötzlich, dass auch diese gerade eben installierte Version nicht aktuell ist? Was ist denn das für ein Updatemanagement? Gibt MS jetzt im Minutentakt Updates heraus? Und für jedes brauche ich einen Neustart?
Also 3) Update installiert und nochmal neu gestartet.
Jeder andere Browser wäre in der Zeit schon 10x installiert.
Testen:
Der IE9 startet etwas schneller als Firefo, jedoch nicht annähernd so schnell wie Chrome oder Opera. Jeder Tab läuft in einem eigenen Prozess, was zum einen Sicherheit bietet, zum anderen den Speicherverbrauch in die Höhe treibt.
Design:
Wie andere moderne Browser ist der IE9 aufgeräumt und sauber. Adressleiste und Tabs sind in eine Zeile geschoben, darunter kann wie unter Windows (Vista/7) die Menüleiste per Alt-Taste aufgerufen werden. Ganz oben ist ein fast leerer Bereich, der nur die üblichen minimieren, vergrößern, schließen-Buttons enthält. Im Firefox steht hier wenigstens noch der Seitentitel, Opera und Chrome legen ihre Tabs in diesen ungenutzten Raum. Effektiv nutzt der IE also eine Zeile am oberen Browserrand, nimmt aber Platz für zwei ein. Das kann sich in der finalen Version natürlich noch ändern. Die erste Beta des FF4 sah ähnlich aus.
Die Internet Optionen sind vom Design her gleich geblieben. Einige Features wie Add-On Management sind dazu gekommen. Als ich die Optionen schließen will stürzt der IE9 ab. Beim Neustart bietet er mir die Wiederherstellung der letzten Browsersession an, was auch gut funktioniert.
Neue Tabs werden mit einer SpeedDial-artigen Auswahl der beliebtesten Seiten geöffnet, ähnlich wie bei Opera und Chrome. Zusätzlich zeigt ein bunter Balken unter jedem Feld an, wie oft eine Seit besucht wurde (Very Active, Active, less Active). Die Farbe richtet sich clevererweise nach dem Favicon der Seite. Bing erscheint so Orange, Greepeace satt grün und Schlock Mercenary in dreckigem Schlock-Grün.
Tolle Idee, wenn das allerdings so schlecht  funktioniert wie unter Windows bei den installierten Programmen, dann ist es eher störend.
Der InPrivate Browsing Modus ist das äquivalent zu Chromes Inkognito-Fenster. In jedem neuen Tab befindet sich unter dem SpeedDial-Feld ein link zum InPrivate browsen. Klickt man darauf, öffnet sich der Tab in einem neuen Fenster in dem keine Cookies, temporäre Dateien und andere Daten gespeichert werden.
Add-Ons:
In der Internet Explorer Add-On-Galerie wird mir nach den Microsoft News als erstes ein Galgenraten-Add-on angeboten.
Mich Interessiert das jetzt weniger, ich tippe mal “HTML” in das Suchfeld. Das einzige Ergebnis ist die SelfHTML-Suche. Nützlich aber kein HTML-Werkzeug.
Auch weitere Add-On suchen ergeben: es gibt noch keine besonders nützliche Add-Ons. Aber das kann ja noch werden.
Leistung:
HTML5 Test.com zeigt, dass der IE9 in Sachen HTMl5 noch hinterher hinkt.
Mit 96/300 Punkten und 5 Bonuspunkten ist er das Schlusslicht der aktuellen Browser. Chrome schafft 239 Punkte, Firefox 4 217 Punkte, Opera 11 159 Punkte.
Im Acid3-Test kommt der IE9 auf 95/100 Punkten.
Das ist gut, vor allem im Vergleich mit dem IE8, der nur 20 Punkte schaffte.
Andere Browser:  Opera 10/11: 100/100, Safari4: 100/100, Chrome 8: 100/100, Firefox 4b: 97/100.
Im Peacekeeper Benchmark von Futuremark schneidet der IE9 nicht besonders gut ab. 2663 Punkte sind im Vergleich zu Opera 11 (7246 Punkte) und Chromium 8 (7625 Punkte) schwach. AmFirefox 4b8 mit 3484 Punkten liegt er aber recht nahe dran. Der IE8 hatte gerade mal knapp 1000 Punkte geschafft.
Alle Werte wurden auf demselben System gemessen.
Pirates Love Daisies ist eine Seite die die HTML5-Möglichkeiten demonstrieren soll. Von Microsoft in Auftrag gegeben wurde ein Tower-Defense-Spiel mit Javascript und HTML5 entwickelt. In Chrome läuft es gar nicht,. in FF4b stürzt es nach einiger Zeit ab, in Opera läuft es einwandfrei. Im Spiel ist ganz unten links ein Optionsfeld für die “Enable additional effects for IE9”. Diese Effekte funktionieren natürlich auch in anderen Browsern, sowohl in Opera als auch in Firefox.
Im IE9 läuft das Spiel erwartungsgemäß flott und ohne Probleme.
Fazit:
Es hat sich einiges getan. Der IE9 könnte zum ersten Browser von Microsoft seit langem werden der endlich mal auf dem Stand der Zeit ist. Die schwächen der Vorgängerversionen sind größtenteils beseitigt. Noch hakt es an einigen Ecken aber das kann ja bis zur finalen Version noch werden.